Wettbewerb Meisterhäuser Dessau
Umfang: | Wettbewerb 2008 |
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1. Haus Moholy-Nagy
Kern der Wettbewerbsaufgabe ist die Frage des Umgangs mit den beiden Fehlstellen im Meisterhausensemble, der Haushälfte Moholy-Nagy und des Hauses Gropius. In der Abwägung zwischen Rekonstruktion, Belassen der Fehlstelle oder Neubau sind wir zur Überzeugung gelangt, dass für beide Gebäude unterschiedliche Lösungen angemessen sind. Hierbei spielen denkmalpflegerische Gesichtspunkte ebenso eine Rolle wie nutzungstechnische Anforderungen.
Die Rekonstruktion der Haushälfte Moholy-Nagy war in der Vergangenheit Gegenstand intensiver und kontroverser Diskussionen in der Fachöffentlichkeit. Kritisch zu beurteilen sind insbesondere die unzureichende Befund- und Quellenlage und die Frage, wie die Rekonstruktion ablesbar gemacht werden kann. Von Bedeutung ist aber auch die Frage nach der Nutzung der wiedererrichteten Haushälfte.
Die Nutzung als Exponat ihrer selbst ist auszuschließen, diese Funktion muß den bestehenden Gebäuden mit ihrer bauzeitlichen Substanz vorbehalten bleiben. Denkbar wäre, die zusätzlichen Flächen für ein Besucher- und Informationszentrum hier unterzubringen. Wir plädieren jedoch dafür, das Ausstellungskonzept auch baulich-räumlich klar zu gliedern, d.h. Exponate und Besucherzentrum in getrennten Gebäuden anzusiedeln.
Wünschenswert ist allerdings die Komplettierung der Kubatur des Doppelhauses Feininger/Moholy-Nagy. Die Fehlstelle ist eine deutliche Beeinträchtigung des Ensembles, insbesondere dem Laienbetrachter erschließt sich die Haushälfte Feininger wohl eher als Einzelhaus, denn als Torso.
Wir schlagen daher vor, auf den zu verfüllenden bauzeitlichen Kellerresten die fehlende Kubatur der Haushälfte Moholy-Nagy wiederherzustellen. Es soll ein Baukörper entstehen, der die äußeren Oberflächen des Vorgängers exakt repliziert, jedoch auf Fenster- und Türöffnungen, Ausbauteile wie Balkongeländer etc. vollständig verzichtet. Dieser Baukörper hat den Charakter eines Massenmodells im Maßstab eins zu eins, er enthält keine Nutzung.
Wir erreichen somit eine Reparatur der Kubatur (und somit gleichzeitig eine Reparatur des einheitlich konzipierten Ensembles), wobei die Reparatur eindeutig identifzierbar ist, gleichzeitig jedoch in den Hintergrund tritt und eine fast ephemere Anmutung erhält. Die Kubatur ist zu verstehen als Spur des verlorengegangenen Bauwerks. Von großer Wichtigkeit ist hierbei die Beschaffenheit der Oberflächen. Es wird ein sehr glatter Putz aufgebracht, z.B. ein Kalkputz mit Zusatz von Steinmehlen. Die Farbigkeit – abgetöntes Weiß – soll sich von den übrigen Gebäuden geringfügig unterscheiden.
2. Haus Gropius
Während für die Wiederherstellung der Kubatur der Haushälfte Moholy-Nagy die übrigen Doppelhäuser als gebaute Quelle zur Verfügung stehen, würde eine Rekonstruktion des Hauses Gropius oberhalb des erhaltenen Kellersockels nur auf Grundlage der Fotos aus der Bauzeit und spärlichen Planungsunterlagen erfolgen können. Der Umfang der notwendigen „schöpferischen Interpretation“ ist also erheblich, eine Rekonstruktion eher fragwürdig. Zudem ist der Standort des Hauses Gropius für ein Besucherzentrum prädestiniert.
Unser Vorschlag ist daher, auf dem erhaltenen Kellersockel unter dessen Erhaltung den Neubau eines Eingangsgebäudes zu errichten, der Flächen für ein Café mit Museumsshop und Ticketverkauf bietet.
Wesentliches Ziel ist es, dem Gebäude eine zurückhaltende architektonische Gestaltung zu geben, die die Wirkung des Gesamtensembles möglichst wenig beeinträchtigt. Gleichzeitig soll sich der Neubau eindeutig als nachträgliche Ergänzung identifizieren. Es wurde deshalb ein eingeschossiges Gebäude konzipiert, das zur Ebertallee als Haupterschließungsachse eine weitgehend geschlossene Fassade präsentiert. Flachdach und weiß gefaßte Putzoberflächen adaptieren wichtige Merkmale der übrigen Häuser des Ensembles mit dem Ziel, das Gebäude in den Hintergrund treten zu lassen. Der L-förmige Grundriß lässt zur Gartenseite eine Café-Terrasse entstehen, von der aus sich ein ausgezeichneter Blick auf das Meisterhaus-Ensemble eröffnet. Zu dieser Seite ist die Fassade durch eine großflächige Verglasung geöffnet. Das Eingangsgebäude respektiert somit den Bestand und entfaltet gleichwohl eine eigene architektonische Qualität.
Zentraler Bestandteil der Grundrißorganisation ist ein multifunktionaler Thresen, der den Verkaufsbetrieb des Cafés, den Ticketverkauf und die Kasse des Museumsshops verbindet. Café und Buchauslage lassen sich von hier aus überblicken, so dass der Betrieb – insbesondere in den besucherärmeren Zeiten – mit einem Minimum an Personal erfolgen kann. Dieses Kriterium ist für die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens von entscheidender Bedeutung.
Das Gebäude wird barrierefrei erschlossen, wobei im Sinne des Erhalts des bauzeitlichen Kellersockels auf eine Anrampung verzichtet wird. Stattdessen wird an Westseite ein Aufzug angeordnet.
Mit Ausnahme des Behinderten-WC sind die Sanitärräume, die Garderobe, die Besucher-WC, die Garderobe, die Personalräume sowie der Haustechnikraum im Kellergeschoß untergebracht. Diese Nutzung des Kellergeschosses ist aus konservatorischer Sicht sicherlich bedenklich, aus nutzungstechnischer Sicht allerdings unvermeidbar (es sei denn, man würde ein Gebäude größerer Ausdehnung konzipieren, was wir jedoch wegen der nachteiligen Auswirkung auf das Gesamtensemble nicht befürworten können). Die Planung der Räume im Kellergeschoß muß daher mit größter Sorgfalt erfolgen, um die bauzeitliche Substanz nicht zu schädigen.
3. Dokumentationszentrum Architekt Walter Gropius
Für das Dokumentationszentrum wird ein Neubau südlich des Hauses Gropius errichtet. Außerhalb der Achse der Meisterhäuser gelegen ist dieses Gebäude eine Hinzufügung, die sich in ihrer architektonischen Gestaltung und Materialhaftigkeit deutlich von den übrigen Bauten absetzen sollte. Es wurde daher ein eingeschossiges Gebäude auf quadratischem Grundriß konzipiert, dessen Außenwände vollfächig verglast sind.
Die Grundrißorganisation ist ebenso einfach wie funktional. Im Erdgeschoß wird der Grundriß durch Querwände in acht annähernd gleich große Räume unterteilt, die eine Enfilade kleinerer Kabinette bilden. Diese sind für Ausstellungen mit kleineren Exponaten oder mit EDV-Terminals gut geeignet. Durch die großen Glasflächen bieten sich reizvolle Blickbeziehungen zu den Meisterhäusern und in die Gartenanlage. Im Zentrum des Grundrisses befindet sich ein Ausstellungsraum ohne Tageslicht, der insbesondere für multimediale Präsentationen vorgesehen ist.
Das Gebäude ist barrierefrei erschlossen, Garderobe und Behinderten-WC befinden sich im Erdgeschoß. Im Kellergeschoß wurden die Flächen für Besucher- und Personal-WC sowie Lager-Depot- und Funktionsräume untergebracht. Für die Bestückung der Ausstellungen sowie für Wartungs- und sonstige Arbeiten ist eine rückwärtige Zufahrt vorgesehen.
4. Einfriedung und Freiflächen
Vorgabe der Auslobung ist die Wiederherstellung des bauzeitlichen Zustandes. Es soll deshalb auf die Rekonstruktion der Trinkhalle von Mies van der Rohe verzichtet werden, die erst einige Jahre später entstand. Wir schlagen vor, die Einfriedungsmauer zu rekonstruieren, da sie den Garten des Hauses Gropius gegen die Kreuzung sowie gegen die Ziebigker Straße und die Ebertallee abschirmt und einfaßt. Die Grundstücksmauer verlief nach den uns zur Verfügung stehenden Literaturquellen allerdings nicht bis zur Trinkhalle, sondern folgte zunächst dem Verlauf der Ziebigker Straße, um dann nach Norden abzubiegen und senkrecht auf den Mauerteil an der Ebertallee zu treffen. Die Mauer bildet damit auch die Rückwand für den Dreiecksplatz an der Kreuzung. Die Lage der ehemaligen Trinkhalle und der vermutlich im Zusammenhang mit ihrer Errichtung entstandenen Mauerverlängerung an der Ziebigker Straße und an der Ebertallee wird wie bisher im Pflaster markiert.
Die Wiederherstellung der Mauer bietet zudem den Vorteil, dass die Überwachung und Sicherung des Geländes z.B. gegen Einbruch und Vandalismus erleichtert wird.
Ebenso wie die Einfriedung werden auch die Meisterhausgärten soweit wie die Quellen Aussagen hierzu enthalten in den bauzeitlichen Zustand versetzt. Niedrige Bepflanzungen und Büsche werden entfernt, um den Charakter des Kieferwäldchens wieder zu betonen, die Wege werden wiederhergestellt und lediglich die Wege zum Dokumentationszentrum hinzugefügt. Zäune zwischen des einzelnen Gärten waren möglicherweise ursprünglich geplant, sind jedoch auf Fotos aus der Bauzeit nicht zu erkennen. Auf ihre Rekonstruktion wird daher verzichtet.